Als ich vorgestern Abend Facebook aufgemacht habe, staunte ich nicht schlecht.
Der süße Lulu ist zurück und dann sogar in anderen Farben und sogar Kombistoffe.
Vor einem Jahr durfte ich Lulu für Paul & Clara vernähen. Und jetzt gibt es nicht nur Lulu mit dem Blumenkranz oder dem Halstuch, sondern zusätzlich noch Lulu als Indianer.
Erst letzten Monat fragte die Hummel ob sie mal wieder einen neuen Pulli bekommen könnte. Ich schlug ihr Lulu vor – das Panel hatte ich mir nach dem Designnähen direkt gekauft – und entschied mich dieses Mal für die zweite Panelseite.
Shabby Asymmetrie Hoodie
Entstanden ist der eigentlich erste Shabby Asymmetrie Hoodie. Den Schnitt habe ich vor kurzem erst bei der Lieben Yasemin gesehen und musste ihn auch mal nähen. Also gekauft, geklebt, zugeschnitten und genäht. In meinem Tempo, ganz langsam und es war schön. Also schön für den Augenblick, ich denke ihr wisst wie ich das meine.
Für die Hose habe ich zum meinem Geburtstagsgeschenk an mich selbst gegriffen. Wunderschönen Jacquard von Traumbeere. Ja ich habe mir letztes Jahr Stoff geschenkt und bisher noch keinen angeschnitten. 5 m in 5 verschiedenen Farben für Hosen war der Plan. Eine Hose ist seitdem fertig geworden aber ich liebe sie. Schnitt und Stoff passen so gut. Und er ist wirklich so weich wie er aussieht.
Ach, und den Kapuzenstreifen habe ich mit dem Bandeinfasser meiner Coverlock eingefasst und zeitgleich eine Spitze mit eingefasst. Ich mag das Ergebnis wirklich sehr. Ein kleines Highlight wie ich finde.
„Mama, wollen wir Fotos von meinen neuen Sachen machen?“
Ich durfte Fotos machen. Einfach so. Ihr kleiner sicherer Hafen oder so. Und ich liebe diese Fotos sehr von ihr. Viele zeigen einfach das sie Kind ist. Zum Glück und eigentlich unbeschwert ist. Unbeschwert lachen kann und Freude haben kann.
Wenige Wochen zuvor war Hannes in der Zeit, während ich sie fotografieren durfte, am schlafen oder war mit in ihrem Zimmer um sich das „Spektakel“ anzusehen.
Als ich wieder etwas anfing zu nähen habe ich einfach das genäht was sie mochte, ohne einen Gedanken an Fotos machen zu verschwenden. Stoffe vernäht, die ich immer wieder aufgeschoben hatte, da ich gerne was anderes nähen wollte. Stoffe die sie sich einfach gewünscht hat.
Jetzt war es mein Ziel und mein Wunsch, sie damit glücklich zu machen.
Mir war noch gar nicht so nach Fotos machen. Ich freue mich jetzt darüber, diese zu haben, aber es wäre auch nicht schlimm gewesen wenn es nicht so wäre. Schließlich habe ich die letzten Fotos bei der Aufbahrung gemacht.
Für viele scheint es makaber zu klingen, für mich war es quasi die letzte geschriebene Seite von seinem, unserem Buch. Das letzte Kapitel. Und ich möchte mich nicht irgendwann „ärgern“ das ich kein Foto gemacht habe. Es gehört zur Geschichte dazu – es ist eine Erinnerung, wenn auch keine Schöne.
„Müssen jetzt auch andere Kinder begraben werden?“
Viele Fragen wie wir mit der Hummel umgehen, wie sie Abschied nehmen durfte, ob sie zur Beerdigung mit kommen durfte.
Was sollen wir verheimlichen? Sie war bei der Aufbahrung dabei. Zuvor haben mein Mann und ich alleine Abschied genommen. Uns Hannes alleine angeguckt. Und ja, er sah „gut“ aus. Friedlich, schlafend in seiner Kleidung: Latzhose und Body und seine Elefantenmütze. Zugedeckt mit seiner Lieblingsmensch Decke auf einem weichen Kissen aus reinweißen Stoff mit etwas Füllung. Alles selbstgenäht. Er wurde so verabschiedet wie wir in kannten.
Und weil er wie unser Hannes aussah haben wir es der Hummel erklärt. Erklärt was gleich zu sehen ist. Das Hannes leerer Körper noch da ist und wir ihm ein letztes Mal Fotos geben können, den Brief geben können den wir geschrieben und gemalt haben.
Bevor wir in den Saal voller Kerzen gegangen sind, wurde ihr alles erzählt. Auch das sie kein Angst haben braucht. Das es okay ist.
Und sie sagte Hannes schläft. Sie konnte ihm tschüss sagen. Bis zum dem Zeitpunkt dachte sie, er sei im Krankenhaus – so verkehrt war es ja nicht, er wurde ja mit dem Krankenwagen mitgenommen – aber sie hat es nicht verstanden wo er ist und warum wir nicht zu ihm konnten.
Sie hätte ihn am liebsten mitgenommen. Hat mir gesagt, Mama Hannes mag es doch nicht allein zu sein. Wäre es nicht einfacher ihn mitzunehmen.
Wie gerne hätte ich ihr den Wunsch erfüllt.
Wenige Tage später war die Beerdigung, und ja auch da war die Hummel dabei. Sie ist während der wirklich schönen Andacht eingeschlafen. Auf meinem Arm. Auch danach war sie dabei. Sie war von Anfang an dabei. Es war ja auch ihr Bruder. Wie will man sonst einem kleinen Kind erklären das ihr Bruder weg ist und nicht wieder kommt?
Ich hatte ja schon einmal geschrieben, dass die Beerdigung im kleinsten Familienkreis statt fand. Es war für sie wie ihr Geburtstag, nur ohne ihre Cousinen und ihrem Cousin. Sie kannte alle, fühlte sich vertraut. Das war uns auch sehr wichtig.
Sie hat bunte Herbstblätter mit auf das Grab geworfen und die roten Herzluftballons in den Himmel steigen lassen.
Sie war dabei und es war wichtig. Seitdem fragt sie nicht wo Hannes ist, sondern erzählt das er auf den Stern ist oder aber das er im Grab ist. Auch das ist ja richtig.
Kurz nach dem Tod von Hannes dachte sie allerdings, dass alle Babys sterben müssen. Alle Kinder. Aber auch das haben wir ihr erklärt. Es ist selbstverständlich das sie sich Gedanken macht und es hinterfragt.
Wenn sie mag, darf sie mit zum Friedhof. Sie muss aber nicht.
Seit der Beerdigung war sie hin und wieder mit zum Friedhof. Ein Spielzeug hinbringen, ein Bild oder nur die Kerze mit anzünden. Wir fragen sie immer ob sie mit mag. Wenn sie nicht möchte ist es okay. Gerne wartet sie bei ihren Großeltern die nur wenige Gehminuten vom Friedhof entfernt wohnen oder wir gehen getrennt zum Friedhof, oder wenn sie im Kindergarten ist.
Wenn die Hummel mal mitkommt ist es schön. Es freut mich. Auch dann kommen fragen ob Hannes da unter dem Sand ist. Ob er vergraben ist. Aber ja, sein leerer Körper ist vergraben. So ist es. Und genau dann sollte man sich keine „Lügen“ einfallen lassen.
Wir haben es ihr immer genau so erklärt wie alles war und ich glaube das es gut war/ist. Es gibt einfach nichts schön zu reden. Ihr irgendwelche Versprechungen zu machen die wir eh nicht einhalten können.
Warum ich das ganze erzähle, sorry wenn es für einige langweilig ist.
Ich erzähle es um vielleicht zu sensibilisieren. Die Angst von Eltern zu nehmen die sich Gedanken machen müssen, ob es für ein Kind zu früh ist bei einer Beerdigung zu sein. Abschied nehmen zu dürfen. Es ist meiner Meinung nach nicht zu früh. Es war und ist ja ihr Bruder, warum sollte sie sich nicht verabschieden dürfen? Ich bin der festen Überzeugung, dass es für sie wichtig ist. Vielleicht nicht jetzt, aber irgendwann. Sie wird mir es nie vorhalten können, dass sie sich hat nie verabschieden dürfen. Er war und ist ja auch ein Teil von ihr.
Die kleinen Mäuse verstehen schon so viel und man sollte ihnen die Möglichkeit geben ihre Geschichte schreiben zu dürfen. Ihr Kapitel zu füllen. Habt keine Angst.
Liebe Grüße, Andrea
Schnitte:
Luckees von Nip Naps
Shabby Asymmetrie Hoodie von Mitosa Kreativ
beides genäht in Gr. 110
Stoffe: „Lulu“ von Paul & Clara
Max Jacquard von Traumbeere
Bündchen von Stoff&Stil
7 Comments
Nicole
13. Februar 2019 21:35Liebe Andrea ❤
Ich lese „fast“ alle deine Post/Beiträge und war von eurem Schicksalsschlag zu berührt, dass ich dich EIN Stück weit für sehr, sehr stark halte und du für deine Familie und auch deine kleine Hummel eine wundervolle Mami bist und auch mir Rollen immer und immer wieder die Tränen über die Wangen weil ich so betroffen bin obwohl ich dich/euch nie kennengelernt habe- fühle ich mich dir so nah.❤
Ich finde es toll wie ihr mit eurer Hummel alles gemeinsam bewältigt- und bitte schreib nicht das sich hier irgendwer gelangweilt fühlt!
Das ist dein/euer wahres LEBEN!
Die ❤-Luftballons liegen hier und warten auf besseres Wetter um an „Hannes-Bela und EUCH“ zu gedenken.
Alles Gute FÜR EUCH❤
Kathrin maier
14. Februar 2019 7:35Dazu ist nix mehr hinzuzufügen! Besser hätte ich es net sagen können
Sandra
13. Februar 2019 22:18Ich glaube tatsächlich, dass es genau so wie ihr es gemacht habt „richtig“ war. Nicht zwingend, dass sie dabei war, sondern, dass ihr offen und ehrlich mit ihr über alles geredet habt und sie entscheiden konnte, ob oder ob nicht. <3
Gefühlt euch gedrückt!
Der Hoodie und die Bilder sind einfach wunderschön! <3
Deine Sandra
Annika
13. Februar 2019 22:24Liebe Andrea,
ich glaube, ihr macht das alles richtig toll. Gebt der Hummel Zeit, erklärt ihr alles so, dass sie es verstehen kann, seid einfach ehrlich. Ist es schön? Nein, absolut nicht, aber ich glaube dieser Abschied ist sehr, sehr wichtig.
Mein Onkel hat sich das Leben genommen, als mein Cousin wenige Jahre alt war. Das war absolut schrecklich. Meine Tante wollte ihn damals schützen, erzählte, dass sein Papa im Urlaub wäre, hat ihn nicht mit zur Beerdigung genommen usw. Er hat noch Monate später gefragt, wann der Papa endlich aus dem Urlaub zurück kommt.
Ich finde es wirklich gut, dass ihr der Hummel keine Lügen erzählt und ihr erlaubt zu trauern, aber auch im nächstem Moment einfach wieder Kind zu sein. Ihr seid toll! Drück dich ganz feste,
Annika
Annelie
14. Februar 2019 12:24Wir haben vor kurzem meinen Vater, den Opa, verabschiedet. Er durfte zu Hause sterben und war auch noch über einen Tag zu Hause. Die Kinder (meine Mädchen sind 6,5 und 2) durften ihn noch sehen. Gezwungen habe ich sie nicht dazu. Die Große fand es komisch (ich fand, er hatte sich optisch doch schon schnell verändert. Es hat einfach das Leben gefehlt und das hat man gesehen…). Die Kleine hat nur immer „Tschüss, Opa“ gesagt. Sie versteht es natürlich noch nicht. Der Großen geht der Tod schon etwas im Kopf rum, aber ich habe immer ehrlich geantwortet, wenn sie Fragen hatte. Ich finde das richtig. Auch dass man nicht sagt, der Opa schläft oder sowas… da haben die Kinder ja dann vielleicht Angst, dass man stirbt wenn man schläft.
annelie
14. Februar 2019 12:24Bei der „Abschiedsfeier“ durften alle Gäste, auch die Kindern den Sarg bemalen/beschriften. Das hat irgendwie die Angst vor dem komischen Ding genommen. Auch mir. Die Kinder sind irgendwie eh unbefangener als wir Erwachsene…Nachher ist die Urnenbeisetzung. Ich bin gespannt, wie die Kinder da reagieren.
Ihr macht das genau richtig mit der Hummel. Man sollte nicht meinen, dass man die Kinder davor schützen müsste. Ich denke, dass sie sich dadurch auch leichter mit dem Abschied tun.
Ich drück Dich, Annelie.
FraeuleinAn
23. Februar 2019 22:49Ja Kinder sind unbefangener. Das ist aber vielleicht auch einfach gut so.
Ich würde mir wünschen, wenn die Hummel so irgendwie doch ihren eigenen Bezug zu ihrem Bruder bekommt.
Ich hoffe ihr hattet eine schöne Beisetzung.
Liebe Grüße
Leave a Reply